Circle of Music and Art

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Musik – war das nicht mal was für die Ohren?

Leider wird heutzutage nur noch Wert auf die Optik gelegt. Musikern und Sängern, die mit einem zu großen Bodymaßindex und drei Fältchen zu viel im Gesicht daherkommen, wird kaum noch eine Chance gegeben. Das kommt daher, daß Musik hauptsächlich über´s Fernsehen verkauft wird und das die meisten Menschen keinen Wert mehr auf Sound legen, weil sie noch nie eine richtig gut produzierte Platte aus einer anständig aufeinander abgestimmten Anlage mit den richtigen Boxen gehört haben.
Heute kommt die Musik aus den winzigen Stöpseln eines MP-3-Players. Der Sound ist flach, quäkig, einfach nur mies und hat absolut nichts mehr mit Musik zu tun. Der Klang wird regelrecht vergewaltigt und wenn die Ohren schon den Kürzeren ziehen, dann will der Konsument wenigstens was Nettes für die Augen haben. Also setzt man uns junge, unausgereifte Hühnchen und vorlaute „Checker“ vor die Nase, damit man wenigstens was zu gucken hat. Ich habe den schlimmen Verdacht, daß heute nur noch eine einzige Zielgruppe bedient wird. Nämlich die Generation der Handyschlepper und Simser, die ihr Gehör mit Stöpseln bereits ruiniert haben, denen man in der Schule den Musikunterricht wegrationalisiert hat und somit nie gelernt haben, gute Musik zu schätzen, weil sie noch nie welche gehört haben.
Was ist denn mit uns „Alten“, die noch wissen, wie man seine Surroundanlage richtig einstellt und noch Boxen im Wohnzimmer stehen haben, bei denen bei 75 db nicht gleich sämtliche Pappen wegfliegen?! Wir wissen noch, wie gut gemischter Sound zu klingen hat, wir können noch zwischen einzelnen Musikinstrumenten unterscheiden und sie heraushören. Wir hören nicht bloß das Schlagzeug und den Text. Wir achten auch auf die kunstvoll gesetzten Nuancen dazwischen und es ist uns piepegal, wie der Typ aussieht, der auf der Gitarre klampft oder wie breit der Allerwerteste der Sängerin ist, die alles was sie hat ins Mikro gibt und die Technik bis zum Äußersten ausreizt, bis die roten Lämpchen flackern! Welcher der Sänger, die heute ihre Kunst zum Besten geben, hat es schon geschafft, drei Mikros an einem Abend schrottreif zu singen? Wo sollen die dünnen Figuren die Power hernehmen? Die Weather Girls können das.
Aber wer gibt denn heute noch einem Newcomer, der mehr als 50 Kilo wiegt, eine ernsthafte Chance? Sie dienen nur noch als Lachnummer, egal wie gut sie singen können. An dieser Stelle gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Leider sind es noch viel zu wenig. Hiermit reiche ich offiziell Beschwerde ein! Im Namen aller Musikliebhaber, die älter als 30 Jahre alt sind, verlange ich neue Musik von neuen Leuten. Ich hab´ keinen Bock mehr auf den gecoverten Mist, mit dem man uns ständig zuschüttet! Ich will Musik von Leuten hören, die mit dem nötigen Respekt, Ernsthaftigkeit und Leidenschaft ihre Kunst betreiben und nicht schon wieder den zwölften ausgelutschten Aufguss einer Nummer hören, die ich in viel besserer, klanglicher Qualität seit Urzeiten im Regal stehen habe! Womöglich noch von einem Persönchen performed, dass sein Augenmerk nicht auf die Kunst legt, sondern darauf, im Rampenlicht zu stehen.
Was will mir denn so ein junger Mensch, der gerade mal zwei Jahre aus der Pubertät raus ist, (wenn überhaupt), in seinen Liedern vermitteln? Der hat doch nun wirklich nichts zu erzählen, was mich interessieren oder wo ich mich reinfühlen könnte! Selbst wenn ein erfahrener Songwriter so einem Küken einen tollen Text aufs Auge drückt, nehm ich ihm oder ihr das nicht ab! Es ist einfach nicht glaubwürdig.
Ich will den verlebten, ein bißchen zotteligen „alten Sack“ mit der Gitarre vorm etwas zu dicken Bauch! Er ist keine Schönheit aber er hat den Soul! Wenn er mir was vom Verlassen werden singt, dann glaub´ ich ihm das. Er hat seine Gitarre nicht auf barré gestimmt und kann Akkorde spielen, für die es keine Noten gibt. In seiner Band spielt ein Pianist und die Streicher kommen nicht aus dem Keyboard! Leider bekommt er kein Engagement, denn er ist über fünfzig und trägt gerne Jeans und Leder. Als er noch jünger war, stand der Beruf an erster Stelle, wegen der Familie. Jetzt hätte er Zeit. Er hat ohne Ende Stoff gesammelt in seinem bewegten Leben, von dem er uns erzählen könnte. Tolle Songs, bewegend und tiefsinnig. Aber jetzt will ihn kein Veranstalter mehr auf die Bühne lassen. Denn er ist zu alt und entspricht nicht dem gängigen Schönheitsideal. Deswegen kam er an der Gesichtskontrolle nicht vorbei. Angehört hat ihn noch niemand. Welch ein tragischer, bedauernswerter Fehler. Ihr wißt ja gar nicht, was Euch jeden Tag entgeht!

Text: Nadja von der Hocht